27. Oktober 2011

Ein Hoch auf das Leben in der Wohngemeinschaft

Die Wohngemeinschaft, in der ich lebe, ist eine sehr gute Wohngemeinschaft, weswegen ich sie an dieser Stelle hochleben lassen möchte.
Dass ich ihn ihr wohnen darf, habe ich übrigens vorrangig meiner Vorliebe für grüne Gummibärchen zu verdanken.
Das sagt eigentlich schon alles.



26. Oktober 2011

Vom Selbstmitleid und meinem Verhältnis zum Alter


Manchmal habe ich ein enormes Bedürfnis nach Selbstmitleid. In solchen Momenten ergreift mich eine mittelschwere Form der Melancholie, die ich gerne mit der Schlussszene von Scrubs oder Musik von Joshua Radin steigere, bis ich emotional zerschmettert in Embroynallageauf dem Boden liege und die unmenschliche Härte beklage, mit welcher mir mein Leben zuweilen begegnet.
Viele Menschen wollen in solchen Situationen gerne allein sein, mir aber macht Selbstmitleid eigentlich nur Spaß, wenn ich andere daran teilhaben lassen kann. "Nein, kümmere dich nicht um mich, ich komme zurecht!" , rufe ich theatralisch meinem mitfühlenden Gegenüber zu und kann mich nur schwer davon abhalten, mir dabei mit einer Hand die Augen zu verdecken, mit der anderen eine abwehrende Geste zu machen und meinen Kopf in Richtung des kalten, unwirtlichen Boden zu drehen. Weil es in unserer Gesellschaft nur echten Bad Boys wie Til Schweiger erlaubt ist, sich in solchen Momenten hart und unsensibel zu benehmen und mit einem Schulterzucken den Raum zu verlassen, sagen die meisten Menschen nun etwas wie "Auf keinen Fall werde ich dich in diesem Zustand alleine lassen! Hier ist meine Schulter, weine dich mal wieder richtig aus!" und streichen einem behutsam über den Schopf.
Mein Selbstmitleid steigert sich dann erneut, denn ich muss erkennen, dass ich charakterlich verdorben bin, dass ich die Empathie meiner Mitmenschen zur Befriedigung meines Egos ausnutze und dass das Leben mir eigentlich mit noch viel unmenschlicherer Härte begegnen sollte.
Gefangen in diesem Zustand der Schizophrenie suchte ich lange nach einem Orientierungspunkt für ein integres Verhalten meinerseits und begann, zu vergleichen. Sein eigenes Verhalten an dem von anderen Leuten zu messen, ist einerseits ziemlich einfach, auf der anderen Seite häufig aber nicht wirklich förderlich für ein charakterliches Vorankommen. Während ich nämlich äußerlich meinem Selbstmitleid frönte und mich innerlich dafür trat, stellte ich befriedigt fest, dass alle anderen eigentlich auch immer nur am Heulen sind.
Ein beliebtes Jammer-Thema ist dabei stets das Altern. Alt werden ist nicht wirklich cool, auch wenn einem dann Attribute wie "erfahren" oder "weise" oder wenigstens "wettergegerbt" zugeschrieben werden. Mit Schrecken denke ich an mein zukünftiges Ich, das verwirrt auf einem Tablet-PC herumtippt, den außer meinen Altergenossen kein Schwein mehr benutzt, während eine Pflegerin meinen Rollstuhl durch eine penibel gepflegte Parkanlage schiebt und dabei meinen Kopf tätschelt.

via weheartit

Leicht paranoid überprüfe ich regelmäßig meine geistigen und körperlichen Fähigkeiten auf erste Anzeichen des Alterungsprozesses. Unterstützt werde ich dabei von zumeist älteren Mitmenschen, die zuerst meinen Erzählungen von Schmerzen im Kniebereich und verlängerten Alkoholnachwirkungen lauschen, dann wissend nicken und schließlich etwas sagen wie: „So ging es bei mir auch los.“ Dann verlieren sie sich in nostalgischen Erinnerungen an die Zeit, in der sie noch so ein junger Hüpfer waren wie ich es nun bin, ich solle meine Jugend genießen, ab einem Alter von fünfundzwanzig Jahren begänne der stetige, absolut unaufhaltsame Verfall des menschlichen Körpers in sämtlichen Facetten, dann sei der Spaß endgültig vorbei.
„Hm“, mache ich dann und denke regelmäßig darüber nach, ob ich noch kurz zum drogenabhängigen Partytier werden sollte, solange es mir mein Körper noch einigermaßen verzeiht und mich nicht in sofortiger Konsequenz mit ledriger Haut und einer schlohweißen Haarpracht bestraft.
Gott sei Dank gibt es auch viele Menschen, die mich regelmäßig auf den Boden der Tatsachen zurückholen und mir vor Augen führen, wie jung ich eigentlich noch bin. „Was, du bist erst zwanzig Jahre alt? Da bist du kaum älter als meine kleine Schwester!“, entsetzte sich neulich ein Freund meiner besseren Hälfte, als sei ich damit noch nicht befähigt, vollständige Sätze von mir zu geben um meinen Bedürfnissen Ausdruck zu verleihen. In diesen Situationen würde ich stets gerne eine komplizierte turnerische Übung vorführen, um die unglaubliche Elastizität meines jugendlichen Körpers zu demonstrieren und um anschließend mit herausfordernder Stimme zu sagen: „Ganz recht, so ist es. Schau her, wie jung und agil ich bin!“
Leider findet mein Knie komplizierte turnerische Übungen aber nicht so sympathisch. Und außerdem soll man sich ja stets nur als so alt bezeichnen, wie man sich fühlt. Da ich in fünf Jahren fünfundzwanzig werde und damit rechnen muss, ab diesem Zeitpunkt ein freudloses Dasein zu fristen, seufze ich also stattdessen schwer und schweige. In solchen Momenten wäre es dann auch wieder Zeit für ein bisschen traurige Musik und die Embryonallage.

22. Oktober 2011

Herzenssache

Doch alles, was uns anrührt, dich und mich,
nimmt uns zusammen wie ein Bogenstrich,
der aus zwei Saiten eine Stimme zieht. 
Rilke





18. Oktober 2011

Massig viel Kunst - Reisebericht aus Venedig

Letzte Woche reiste ich mit einer lieben Freundin nach Venedig, um dort die Biennale zu bestaunen.
Unsere Unterkunft gestaltete sich als etwas fragwürdig, ebenso wie die sexuell aktiven Zimmernachbarn und das Zwieback-Frühstück, aber dafür lebten wir nur 2 Minuten von der Rialto-Brücke entfernt.
Weil neben Schlafen, Essen und Sehenswürdigkeiten-Anschauen auch die Mobilität in Venedig unwahrscheinlich teuer ist, haben wir uns entschlossen, einfach alles zu laufen. Wir haben übrigens beide keinen Orientierungssinn.
Ich habe nun also extreme Knieschmerzen und vermutlich die straffesten Waden überhaupt.
Zur Einstimmung ein kleines Wandervideo.



Leider war es uns nicht möglich, das Nachtleben von Venedig auszukundschaften, da es schlichtweg keines gibt. Einen Pub haben wir jedenfalls mindestens vier Stunden gesucht. Und außerdem ist Alkohol dort auch nicht bezahlbar.



Eigentlich waren wir ja aber auch wegen der Biennale gekommen und die war wirklich fantastisch.
Als erstes haben wir die beiden Hauptausstellungen besucht (der Deutschland-Pavillon ist im Übrigen gelinde gesagt etwas verstörend und scheint der Anbetung des Christoph Schlingensief gewidmet zu sein), die sich im Arsenale und in den Giardini befinden.
Toll ist vor allem das Projekt von Christian Marclay mit dem Titel "The Clock", wofür er übrigens auch mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet wurde. Er hat nämlich tatsächlich einen 24-stündigen Film produziert, welcher aus Szenen anderer Filme besteht und in dem ausschließlich Uhrzeit-Einstellungen gezeigt werden. Die stimmen auch noch mit der realen Zeit überein und passen auch manchmal inhaltlich, was ziemlich krass ist. Hier mal ein kleines Video. Wenn ihr alles richtig machen wollt, solltet ihr um 12.04 Uhr anfangen, den Ausschnitt zu gucken.

 


Prima fanden wir auch den Schweizer Pavillon, der sich nach unserere Interpretation mit unserer konsum - und skandalinteressierten Gesellschaft auseinandersetzt und dabei relativ viel Liebe zum Detail zeigt.







Außerdem sei noch der Knet-Raum erwähnt, in dem man Knete an die Wand kleben durfte. Ein Kindheitstraum wurde wahr. Ich liebe Knete. Vielleicht werde ich mir insgemheim demnächst mal welche kaufen und dann drauflos kneten.


Habe 'ne Schwäche für Brod.


Gut waren außerdem auch die Einzelpavillons, die in Gebäuden in der Stadt verteilt waren und die man sich ganz umsonst angucken konnte, wenn man sie denn fand.
Schön war der Neuseeland-Pavillon, wo ein wunderbarer Pianist auf einem sehr verschnörkelten Flügel traumhaft schöne Musik spielte:



Mein allerliebster Künstler auf der Biennale war allerdings Anton Ginzburg, der mit seiner Ausstellung "At the Back of the North Wind" einen eigenen Pavillon bekommen hat. Hier kann man nachlesen, was die New York Times von ihm hält.
Sehr lustig finde ich ja sein Lebensmotto: "Time flies like an arrow. Fruit flies like a banana." Hö!
Seine Kunst ist jedenfalls FANTASTISCH, am meisten liebe ich seine Fotografien aus Russland, vor allem diese:




Hier noch ein Ausschnitt aus einem seiner Bilder, welches ich auch gut fand:




Zum kulturellen Abschluss haben wir die Sammlung von Peggy Guggenheim besucht, wo man leider keine Fotos machen durfte. Ich habe trotzdem heimlich einen Jackson Pollock fotografiert. Überhaupt war ihre Sammlung recht reichhaltig. Man geht durch die Tür und steht auf einmal zwischen einem sehr bekannten Gemälde von Picasso und einem sehr bekannten Gemälde von Kandinsky. So bekannt jedenfalls, dass wir sie sogar im Kunstunterricht besprochen haben.




Nach einer Wochen waren wir dann auch etwas reizüberflutet.
Trotzdem sollte man unbedingt mal auf die Biennale fahren, wenn man sich ein bisschen für Kunst interessiert. Und Venedig ist natürlich auch nicht schlecht.
Hier noch schnell ein Bild aus einer Ausstellung, die "The Future of a Promise - Contemporary Art from the Modern Arab World" hieß und die ich natürlich schon allein aus Studiengründen sehr gut fand.



7. Oktober 2011

Von durchgeknallten Norwegern und schnieken Berlinern. Und von Bremen.

Als ich vor einem Jahr nach Göttingen gezogen bin, stellte ich mit Begeisterung fest, dass dort viele Menschen gute Musik hören und dass die auch gerne auf Konzerte fahren.
Gestern habe ich einen solchen besonders lieben Menschen in Bremen besucht und wir haben uns zuerst das Städtchen und dann Kakkmaddafakka angesehen.
Einzelkonzerte finde ich normalerweise nicht so spaßig, aber diese leicht durchgeknallten Jungs aus Norwegen sind der absolute Wahnsinn. Man muss sie gesehen haben. Man muss.
Ich persönlich habe mich ein bisschen in den Background-Sänger verliebt, der auch die Backstreet Boys gut klingen lassen kann. Wie gesagt, man sollte sich Kakkmaddafakka dringend live reinziehen.




Wider Erwarten war auch die Vorband sehr anhörlich. Die Pickers aus Berlin haben einen Sänger, der klingt wie eine Mischung aus Alex Turner und Julian Casablancas als beide noch bessere Musik gemacht haben und außerdem singt er auch nette Songs auf Deutsch.
Kann man durchaus für gut befinden.



Und weil Bremen auch eine prima Stadt ist, hab ich auch noch ein bisschen herumfotografiert.

Ich kann Plattdeutsch ja nicht so viel abgewinnen.
Aber das fand ich dann doch sehr amüsant.

Ein Schiff. Da gibt's Pfannkuchen. Das finde ich gut!

Löblich.

Diese nette Rechnung bekommt man im Elsass.
Das ist im wunderbaren Viertel, in das ich mich sofort verliebt hab.
Und im Elsass gibt's einen Kellner, der ganz wunderbares Schuhwerk trägt
(und nebenbei gibt's auch leckeres Essen).

Man sollte da mal hingehen!

Man muss sie gesehen haben.


Touri-Foto, gemacht von der lieben Anna.
Ich hab irgendwie die Eigenschaft, mich zu dicht an Dinge dran zu stellen.
Mach ich laut Mützen-Män auch beim Spülen. Da freut er sich dann immer 'nen Ast ab.

4. Oktober 2011

Ein insgesamt sehr schokoladiger Post

Meine Oma ist 70 geworden.
Je älter Menschen werden, desto geringer wird der Möglichkeitsspielraum für Geschenke, es sei denn, man ist ein Glückskind und verfügt über Großeltern, die sich stetig über ein neues Fläschchen Tosca-Parfüm freuen. Ich persönlich bin in dieser Hinsicht kein Glückskind und fände es wahrscheinlich auch verwerflich, ständig etwas zu verschenken, was bei mir selbst Übelkeitszustände hervorruft.
Stattdessen überlegte ich, was mich in Freude versetzen würde und habe meiner Oma deshalb mit tatkräftiger Unterstützung des Mützen-Män Zimttrüffel gemacht.
Insgesamt war das eine doch sehr schokoladige Angelegenheit, auch unsere Küche ist jetzt ein wenig schokoladiger, auch die Schneidebrettchen und die Töpfe und in Folge auch der Spülschwamm. Überall Schokolade, wen versetzt das bitte nicht in Freude?


Eels - All the Beautiful Things




Weil man prinzipiell niemals zu viel Schokolade essen kann, habe ich einfach die doppelte Menge genommen, in diesem Fall also 600 Gramm. Außerdem habe ich noch zwei Blöcke Zartbitter-Kuvertüre gekauft. Dafür erntet man einen aufmunternden Blick von der Kassiererin im Supermarkt. Vermutlich sah sie in mir die Inkarnation von Bridget Jones.


Nun alles sehr klein hacken. Das macht keinen Spaß.


200 Gramm Sahne zum Kochen bringen. Weil es Zimttrüffel sein sollen, an dieser Stelle Zimtstangen mit in die Sahne geben. 3 Minuten köcheln und anschließend ein bisschen ziehen lassen. Dann mit den 600 Gramm Schokolade mischen und rühren, rühren, rühren.



Diese Schoko-Sahne-Masse (das Wort!) sollte nun 12 Stunden bei Zimmertemperatur ruhen.
Nachdem sie das getan hat, mit 100 Gramm Butter vermischen, das Ganze in einen Spritzbeutel geben und kleine Tropfen auf ein Backblech setzen. Eine Stunde abkühlen lassen, dann Kugeln formen.



Dann Kuvertüre temperieren. Das sollte man mal Googeln. Mützen-Män ist nun jedenfalls Meister im richtigen Temperieren. Dann etwas Kuvertüre zwischen den Handflächen verteilen und die Trüffel mit Kuvertüre einschmieren. Und dann in Kakao werfen und darin herumwälzen. Eine Sahne-Schoko-Kugel, mit warmer Schokolade überzogen, die in Kakao gewälzt wird. Hach.



Die fertigen Trüffel kann man dann nett verpacken und verschenken.

Weil meine Oma in einem beschaulichen Dörfchen an der Mosel wohnt, haben Mützen-Män und ich außerdem mal schnell die Mosel besucht und dort das Leben für gut befunden.




Mützen-Män hat dort gleich ein paar Schwarzmund-Grundeln bewundert. Heftig spannende Tiere.